Unter welchen Voraussetzungen kann eine COVID-19-Erkrankung als Arbeitsunfall anerkannt werden?
Voraussetzung ist, dass die Infektion unmittelbar auf die Tätigkeit bei der Arbeit zurückzuführen ist. Elementar ist, dass ein intensiver Kontakt mit einer infektiösen Person nachweislich stattgefunden hat und spätestens innerhalb von zwei Wochen nach dem Kontakt die Erkrankung mit Symptomen eingetreten ist.
Sollten Beschäftigte, die annehmen, sich während der Arbeit mit dem Coronavirus angesteckt zu haben, dies beim zuständigen Unfallversicherungsträger anzeigen?
Zunächst: Das ist eigentlich Aufgabe des Arbeitgebers oder des behandelnden Arztes. Geschieht das nicht, kann man die Anzeige aber auch selbst stellen. Gerade bei den diffusen Krankheitsverläufen und möglichen Spätfolgen von COVID-19 sind Beschäftigte bei der gesetzlichen Unfallversicherung am besten abgesichert. Außerdem bringt eine Ermittlung des Sachverhaltes mehr Klarheit über mögliche Infektionsketten im Betrieb. Das kann genutzt werden um den Infektionsschutz zu verbessern. Wichtig ist auch: COVID-19 kann prinzipiell auch als Wegeunfall gelten, für einzelne Beschäftigtengruppen zudem als Berufskrankheit. Beispielsweise für Beschäftigte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder aber in Laboratorien spielt das eine Rolle.
Auf was sollten Beschäftigte achten, um eine möglichst lückenlose Dokumentation vorweisen zu können?
Grundsätzlich ist der zuständige Unfallversicherungsträger verpflichtet die genauen Umstände im Rahmen des Amtsermittlungsverfahrens zu klären. Das heißt aber nicht, dass Hinweise und Anhaltspunkte der Betroffenen wertlos sind. Im Gegenteil, sie sind von großer Bedeutung. Eine gute Dokumentation ist deshalb auf jeden Fall hilfreich, insbesondere dann, wenn in ihr Verstöße gegen notwendige Schutzmaßnahmen dokumentiert sind: Das kann beispielsweise die Nicht-Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Meter sein oder aber fehlende persönliche Schutzausrüstung wie OP- und FFP2-Masken.
Notwendig für die Anerkennung ist intensiver Kontakt mit einer infizierten Person. Wie dokumentiert man das?
In jedem Fall muss ein intensiver beruflicher Kontakt zwischen dem erkrankten Antragssteller und der infizierten Person stattgefunden haben. Hierbei kommt es vor allem auf die Dauer und die Intensität des Kontaktes an. Der Nachweis einer Infektion lässt sich am besten durch einen zeitnahen Erreger-Nachweistest erbringen.
Woran bemisst sich, was ein „intensiver Kontakt“ ist?
Ausschlaggebend sind die Dauer des Kontakts und die Nähe, die beim Kontakt bestanden hat. Die Corona-Arbeitsschutzregel geht von einer Kontaktdauer von mindestens 15 Minuten bei einer räumlichen Entfernung von weniger als eineinhalb bis zwei Metern aus. Eindeutig ist das aber nicht: Es kann auch ein zeitlich kürzerer Kontakt ausreichen, wenn es sich um eine besonders intensive Begegnung gehandelt hat. Umgekehrt kann dies für einen längeren Kontakt gelten, obwohl der Mindestabstand eingehalten wurde.
Welche Leistungen stehen dem Betroffenem im Falle eines anerkannten Arbeitsunfalls zu?
Mit der Anerkennung eines Arbeitsunfalls haben Versicherte Anspruch auf das gesamte Leistungsspektrum der gesetzlichen Unfallversicherung. Das sind Leistungen der Akutbehandlung und der medizinischen, beruflichen und sozialen Rehabilitation. Aber auch Verletzten- und Übergangsgeld oder im schlimmsten Fall Rentenzahlungen sind möglich. Gerade der Blick auf schwere Verläufe und mögliche Langzeitfolgen von COVID-19 macht eine Anzeige sinnvoll, weil die Leistungen zur Reha bei den Unfallversicherungen für Beschäftigte die beste Versorgung gewährleistet.
Wie kann der Betriebsrat betroffene Beschäftigte unterstützen?
Der Betriebsrat sollte darauf hinwirken, dass eine Anzeige durch den Arbeitgeber gestellt wird. Dann muss er die Unfallanzeige des Unternehmens an die Berufsgenossenschaft mit Unterschreiben. Nur das, was in der Anzeige steht, geht in die Fallermittlung mit ein. Der Betriebsrat kann die Unterschrift verweigern, wenn in der Unfallanzeige die Sicht der betroffenen Kollegin, des betroffenen Kollegen nicht berücksichtigt ist. Er sollte das dann auch tun. Der Betriebsrat kann Betroffene auch bei der Dokumentation unterstützen, das ist meist sehr hilfreich. Schließlich kann er auch eine eigene Stellungnahme an die BG verfassen, so dass die Sicht des Beschäftigten auf jeden Fall berücksichtigt ist.