Wenn das Thermometer die 30-Grad-Marke übersteigt, kann die Arbeit im Büro oder in der Werkshalle zur Qual werden. Wir erläutern, ob Beschäftigte die Arbeit einstellen dürfen, geben Tipps für heiße Tage im Betrieb und erklären, warum regelmäßiges Lüften in Zeiten von Corona wichtig ist.
So schön es ist, die Hitze am Baggersee oder im eigenen Garten zu genießen, so beschwerlich fällt oft das Arbeiten unter solchen Bedingungen. Hitze am Arbeitsplatz kann nicht nur unerträglich sein, sondern auch die Gesundheit belasten. Konzentration und Leistungsfähigkeit lassen nach, Kopfschmerzen und Übelkeit sind oft die Folgen.
Unter welchen Bedingungen bei der Arbeit geschwitzt werden darf, regelt Paragraf 3 Absatz 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) in Verbindung mit Ziffer 3.5 Technische Regeln für Arbeitsstätten (ASR). Danach muss in Arbeitsräumen eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur herrschen. Die ASR A3.5 unterscheidet zwei Arten von Temperatur:
Die Raumtemperatur ist die vom Menschen empfundene Temperatur und wird unter anderem durch die Lufttemperatur und die Temperatur der umgebenden Flächen (Fenster, Wände, Decke und Fußboden) bestimmt. Die Lufttemperatur ist die Temperatur der den Menschen umgebenden Luft ohne Einwirkung von Wärmestrahlung.
Grundsätzlich gilt: Die Temperatur in Arbeitsräumen soll 26 Grad nicht überschreiten. Eine Raumtemperatur von mehr als 26 Grad ist nur zulässig, wenn bei Fabriken und Büros auf gute Isolierung gegen Sommerhitze geachtet wird, Fenster und Glaswände einen Sonnenschutz besitzen und die Außentemperatur 26 Grad übersteigt.
Drei Stufen: 26, 30 und 35 Grad
Die ASR A3.5 kennt bei der Lufttemperatur drei Temperaturschwellen: 26, 30 und 35 Grad. Werden sie überschritten, muss der Arbeitgeber Maßnahmen treffen. Trotz dieser Regelungen gibt es für Beschäftigte keinen direkten Rechtsanspruch auf klimatisierte Räume oder hitzefrei. Der Arbeitgeber ist aber verpflichtet, die Arbeit so zu gestalten, dass Leben und Gesundheit möglichst nicht gefährdet und verbleibende Gefährdungen gering gehalten werden.
Bereits bei über 26 Grad muss der Arbeitgeber für Abkühlung sorgen. Klettert das Thermometer auf über 30 Grad, muss er die klimatischen Belastungen weiter verringern. Dazu zählen Maßnahmen wie die effektive Steuerung des Sonnenschutzes – etwa, dass Jalousien auch nach der Arbeitszeit zubleiben, die Lüftung nachts durchläuft oder in den frühen Morgenstunden gelüftet wird. Außerdem: Wärmequellen wie Drucker und Kopierer aus den Räumen entfernen oder deren Nutzung einschränken, die Gleitzeitregelung ausdehnen, Kleiderordnung lockern sowie Getränke bereitstellen.
In Räumen mit über 35 Grad kann nicht gearbeitet werden. Ausnahme: Der Arbeitgeber bietet Hilfsmittel an. Dazu gehören unter anderem Luftduschen und Hitzepausen, wie sie bei sogenannten Hitzearbeitsplätzen etwa am Hochofen vorgeschrieben sind. Mangelt es an Hilfsmitteln, heißt das aber nicht automatisch, dass Beschäftigte einfach nach Hause gehen können, sondern nur, dass in bestimmten Räumen nicht gearbeitet werden darf.
Während Corona: lüften, lüften, lüften
In geschlossenen Räumen kann die Anzahl von virusbelasteten Tröpfchen oder Aerosolen in der Luft besonders leicht steigen. Aufgrund der Tröpfcheninfektion kommt daher einer ausreichenden Lüftung in Arbeitsräumen im Rahmen des Infektionsschutzes besondere Bedeutung zu.
Ziel dabei ist es, die Konzentration der Tröpfchen oder Aerosole soweit wie möglich zu verringern. Dies kann insbesondere durch Lüften erreicht werden. Die Lüftungsqualität kann etwa über eine CO2-Messung erfolgen, wobei der Zielwert der ASR A3.6 zu Lüftung von 1000 ppm (Anteile pro Million) soweit wie möglich unterschritten werden sollte (zum Beispiel durch einen Zielwert von 400 ppm). Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, sind sowohl das Lüften durch Fenster oder die Nutzung von sogenannten raumlufttechnischen Anlagen, kurz RLT.
Bei der Fensterlüftung sollte das reguläre Lüftungsintervall von 3 bis 10 Minuten je voller Stunde in Büros erhöht werden. Unsere Arbeitsschutzexperten empfehlen, Büros alle 20 Minuten für mindestens 5 bis 10 Minuten zu lüften. Für die Stoßlüftung sollte die gesamte Fensterfläche genutzt werden. Dies kann durch einen Lüftungsplan und regelmäßige Erinnerung unterstützt werden.
Ventilatoren können zu Virenschleudern werden
In Fertigungs- und Produktionsbereichen handelt es sich in der Regel um deutlich größere Räume, in der sich im Verhältnis meist weniger Personen aufhalten. Aufgrund des größeren Raumvolumens können sich Schad- und Schwebstoffe physikalisch besser verteilen. Dennoch sollte auch in diesen Bereichen während der Pandemie mindestens viermal täglich für 5 bis 10 Minuten gelüftet werden.
Beim Einsatz von Lüftungsanlagen ist der Einsatz geeigneter Filter (zum Beispiel HEPA-Filter) und ein möglichst hoher Außenluftanteil entscheidend, um ein geringes Übertragungsrisiko für das Corona-Virus zu erreichen. Darüber hinaus sollten diese Anlagen während der Betriebszeit durchgängig eingeschaltet sein sowie über diesen Zeitraum hinaus genutzt werden (zum Beispiel durch Betrieb auf Nennleistung für je zwei Stunden vor und nach den Betriebszeiten).
Der Einsatz von RLT-Anlagen im Umluftbetrieb ohne geeigneten Filter ist soweit möglich zu vermeiden. Einzelne, mobile Umluftgeräte wie Ventilatoren oder mobile Klimaanlagen sollten nur genutzt werden, wenn Beschäftigte im Einzelbüro arbeiten. Der Grund: Diese Geräte wälzen die Luft lediglich um, erhöhen aber nicht den Anteil der Außenluft. Das bedeutet: Sind mehrere Personen in einem Arbeitsbereich anwesend, werden nicht nur potenziell belastete Aerosole verteilt. Es können auch Tröpfchen über weitere Strecken als zum Beispiel 1,5 Meter zu anderen Personen transportiert werden. Das würde das Übertragungsrisiko von SARS-CoV-2 erhöhen.
Mit Betriebsrat und IG Metall
Ob in der Werkhalle oder am Schreibtisch: Gibt es im Betrieb einen Betriebsrat, bestimmt er beim Arbeitsschutz mit und kann Regelungen zur Lage und Verteilung der Arbeitszeit mit der Geschäftsleitung treffen. Gibt es keinen Betriebsrat, sollten Beschäftigte das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Wenn bestimmte Abteilungen oder Teams unter schlechtem Raumklima leiden, gehen sie am besten gemeinsam zum Chef. Vor dem Gespräch sollte sich die Gruppe eine gemeinsame Lösung überlegen und dann vorschlagen.
Bei mangelndem Arbeits- und Gesundheitsschutz im Betrieb empfehlen wir unseren Mitgliedern, ihre IG Metall vor Ort darüber zu informieren. Wir beraten Betroffene und können entsprechende Maßnahmen einleiten. Informationen behandeln wir natürlich vertraulich.
Das können Beschäftigte tun
- Luft- und feuchtigkeitsdurchlässige, leichte und bequeme Kleidung sowie luftdurchlässige Schuhe tragen. Diese Garderobe erleichtert das Schwitzen und verringert die Hitzebelastung.
- Der Körper verliert durch Schwitzen viel Flüssigkeit. Zwei Liter bei einer Raumtemperatur von 24 Grad, bei höheren Temperaturen etwa drei Liter oder mehr, insbesondere bei schwerer körperlicher Arbeit.
- Handgelenke mit kaltem Wasser benetzen. Das kühlt kurzfristig.
- Regelmäßig Kurzpausen einlegen. Bei Hitzearbeiten bei Raumtemperaturen bis 45 Grad und maximal 40 Prozent Luftfeuchtigkeit sollten Entwärmungsphasen von 15 Minuten pro Stunde eingelegt werden.
- Nicht jede und jeder verträgt Wärme gleich gut. Daher auch Signale des Körpers beachten und bei Unwohlsein kühlere Bereiche aufsuchen.
- Die Raumtemperatur sollte maximal sechs Grad Unterschied zur Außentemperatur haben.