Liebe/r Kollegin/Kollege,
thyssenkrupp steht vor einschneidenden Veränderungen, und das nicht zum ersten Mal in den letzten Jahren. Corona hat auch bei der Geschäftsentwicklung des Konzerns dazu geführt, dass sich das Rad der Veränderung nochmal schneller dreht.
Nachdem wir gedacht hatten, mit dem Verkauf von Elevator etwas Luft zum Atmen zu bekommen, traf uns alle der Corona-Hammer. Die schwache Nachfrage und das Herunterfahren ganzer Automobilwerke führt im Automobilzuliefergeschäft und im Stahl zu verringerten Auftragseingängen und Erlösen. Industriekomponenten und Werkstoffhandel ging es nicht anders.
Bereits nach dem ersten Konzernhalbjahr 2019/2020 hat thyssenkrupp einen Verlust von 1,3 Mrd. € zu verkraften. Die weitere Umsatz- und Ergebnisentwicklung für die nächsten Monate ist unvorhersehbar. Deshalb hat der Vorstand seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr bereits zurückgezogen.
Auf unseren Zusammenhalt kommt es an! Die Kolleginnen und Kollegen von thyssenkrupp sind den Weg hin zu newtk bislang konstruktiv mitgegangen. Auch wenn es mit schmerzhaften Schritten verbunden war. Im Zentrum steht für die IG Metall weiterhin die Grundlangenvereinbarung II mit der Best-Fair-Owner Vereinbarung. Der Verkauf von Elevator ist dank der vielen engagierten Kolleginnen und Kollegen in guten Gesprächen und umsichtig abgelaufen. Mit der Stahlstrategie 2030 und den damit verbundenen Investitionen geht man konsequent den richtigen Weg.
Aber wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass wir für den Umbau des Konzerns nicht so viel Zeit haben wie eigentlich geplant. Die Lage der Weltwirtschaft hat sich dramatisch verändert, und im gleichen Tempo werden auch Veränderungen bei thyssenkrupp nötig sein. Das große Haus thyssenkrupp wird sich verändern müssen, wenn das Haus nicht im Fundament erschüttert werden soll. Eine Zwangsräumung will die IG Metall auf jeden Fall verhindern!
Am Montag hat der Aufsichtsrat getagt und über das Strategie-Update des Vorstands beraten. Es sieht vor, die Stärken und Schwächen des Konzerns im Hinblick auf Absatzmärkte neu zu ordnen. Ganz einfach formuliert: Wie hoch ist die jeweilige Marktattraktivität und wie sieht das Potenzial von thyssenkrupp in den verschiedenen Märkten aus? Der finanzielle Spielraum des Unternehmens ist dabei stark eingeschränkt.
Stahl und Marine: Der im Tarifvertrag „Zukunft Stahl“ vereinbarte Weg mit Investitionen und Restrukturierung geht weiter. Um Investitionen in die Zukunft des Stahls abzusichern, ist die Suche nach einem strategischen Partner diskutiert worden. Dasselbe gilt für Marine Systems mit dem Programm „auf Kurs“. Wir erwarten, dass bei Stahl und Marine Systems neben einem eigenständigen Weg Konsolidierungsoptionen unter der Federführung von tk geprüft werden.
Werkstoffhandel inkl. Schmieden, Großwälzlager und das Automobilzuliefergeschäft gehören zu den Sparten, die weiterhin uneingeschränkt zum Portfolio des Konzerns gehören sollen.
Im Bereich Automobilzuliefergeschäft will sich der Vorstand allerdings darum kümmern, strategische Partnerschaften anzustreben, um die Stellung am Markt weiterhin zu behaupten.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, sich von Geschäftsteilen trennen zu müssen, bei denen thyssenkrupp eben nicht “Best Owner“ ist und es nicht schafft, diese kostendeckend oder gewinnbringend zu betreiben. Diese Bereiche sollen unter dem Namen „Multi Tracks“ zusammen gefasst werden. Hierzu gehören der Anlagenbau, das Edelstahlwerk im italienischen Terni (AST) inklusive der dazugehörigen Vertriebsorganisation, Powertrain Solutions sowie Federn und Stabilisatoren. Hierfür strebt thyssenkrupp Partnerschaften oder einen Verkauf an. Bei Federn und Stabilisatoren wird weiter restrukturiert, und für die Bereiche Infrastructure (ehem. GfT Bautechnik), Grobblech und Battery Solutions prüft thyssenkrupp einen Verkauf oder die Schließung von Standorten.
Liebe/r Kollegin/Kollege,
Auf unseren Zusammenhalt kommt es an! Wir als IG Metall gehen den Weg der Transformation des Unternehmens konstruktiv mit. Aber wir werden es nicht zulassen, dass das Segment „Multi Track“ zu einer „Bad Bank“ wird, in der die Kolleginnen und Kollegen nicht wissen, was sie erwartet. Vor allem werden wir dabei unsere Mitbestimmung einfordern. Alle Entscheidungswege müssen klar und transparent sein und das Wohl der Beschäftigten zum Ziel haben. Unsere Grundlagenvereinbarung 2 mit den Regelungen zu Fair- Best-Owner-Vereinbarung ist weiterhin die Grundlage für alle Verhandlungen und Gespräche, um Perspektiven für die Beschäftigten zu finden.
Für die nächste Stufe des Konzernumbaus muss gelten: Alle Unternehmensteile von thyssenkrupp brauchen jetzt eine klare Perspektive! Nicht nur das „neue Kerngeschäft“. Dafür wird die IG Metall gemeinsam mit den Betriebsräten in den kommenden Wochen kämpfen! Den Kolleginnen und Kollegen in allen Unternehmensbereichen wurde schon viel zugemutet. Sie verdienen einen fairen Umgang, Sicherheit und Perspektive!