Verfassungsbeschwerde: „Rente ab 63“

Menschen, die kurz vor Rentenbeginn arbeitslos werden, sind häufig von der Rente für besonders langjährig Versicherte, der sogenannten „Rente ab 63“, ausgeschlossen, weil Zeiten ihres ALG-Bezuges nicht auf die erforderliche Wartezeit angerechnet werden. Für sie kommt für einen vorzeitigen Rentenbeginn oft nur eine abschlags- behaftete Altersrente für langjährig Versicherte in Frage. Wir halten die zugrundeliegende Regelung sozialpolitisch für falsch und verfassungsrechtlich unzulässig. Für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde werden vergleichbare Verfahren aus der Rechtsschutzarbeit gesucht.

Mit der „Rente ab 63“, können Menschen, die mindestens 45 Jahre lang Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben, frühzeitig und abschlagsfrei in den Ruhestand gehen. Dabei können Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld (ALG) grundsätzlich auf die erforderliche Wartezeit von 45 Jahren angerechnet werden. Das gilt allerdings nicht für Zeiten des ALG-Bezugs innerhalb der letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn (§ 51 Abs. 3a S. 1 Nr. 3a SGB VI).

Diese Norm wurde eingeführt, um einen Missbrauch der Sozialsysteme zu verhindern. Darauf wies die Bundesregierung 2014 in der Antwort auf eine kleine Anfrage ausdrücklich hin. Es wird davon ausgegangen, dass Menschen sich am Ende ihres langen Erwerbslebens planvoll in die „Frühverrentung“ begeben würden, um von ALG und der „Rente ab 63“ direkt hintereinander profitieren zu können.

Eine Ausnahme gilt laut Gesetz nur für Personen, die aufgrund einer Insolvenz oder vollständigen Geschäftsaufgabe ihres Arbeitgebers arbeitslos geworden sind. Letzteres sei offensichtlich nicht freiwillig.

Dass ältere Menschen auch aus anderen Gründen unfreiwillig arbeitslos werden – etwa wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung – wird nicht berücksichtigt. Diese Personen werden pauschal anders behandelt, obwohl auch sie sich nicht gezielt in die Arbeitslosigkeit begeben.

Musterverfahren bei Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht

In den letzten Jahren hat die IG Metall mit Unterstützung der DGB Rechtsschutz GmbH Musterprozesse bis zum Bundessozialgericht und zum Bundesverfassungsgericht geführt. Dabei konnten einige Teilerfolge erreicht werden, z.B. für Personen, die aufgrund der Insolvenz ihres Arbeitgebers in Transfergesellschaften eintreten mussten. Über eine erstmalig eingereichte Verfassungsbeschwerde wollte das Bundesverfassungsgericht zunächst nicht entscheiden.

Die IG Metall möchte weiterhin überprüfen lassen, ob die Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstößt und deshalb verfassungswidrig ist. Es sollen deshalb weitere Muster-Verfassungsbeschwerden eingereicht werden.

Im Rahmen der Argumentation der Verfassungsbeschwerde soll dargelegt werden, dass ein Arbeitsplatzverlust im Alter viele Gründe haben kann und die Regelung nicht der Realität entspricht. Dazu soll gezeigt werden, dass eine große Anzahl unserer betroffenen Mitglieder nicht freiwillig oder gar „missbräuchlich“ frühzeitig aus ihren Jobs ausscheidet. Meldet euch gerne bei uns, wenn euch Fälle und Verfahren auffallen, die geeignet sind.

  • Wurde nach 2014 ein Antrag auf Rente für besonders langjährig Versicherte gestellt?
  • Wurde dieser Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die Wartezeit nicht erfüllt sei (45 Jahre 540 Monate)?
  • Wurde in den zwei Jahren vor dem beabsichtigten Renteneintritt ALG bezogen?

Meldet euch bei uns unter: asr@igmetall.de