Im November starten die Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie Nordwest und Ost. Die Diskussion um Forderungen läuft. Die Beschäftigten wollen mehr Geld und kürzere Arbeitszeiten. Das zeigt eine Befragung. Anfang September beschließen die Tarifkommissionen ihre Forderungen.

Derzeit diskutieren die IG Metall-Mitglieder in den Betrieben über ihre Forderung zur Stahl-Tarifrunde 2023. Das Topthema ist: mehr Geld. Und zwar dauerhaft und tabellenwirksam. Zudem soll es eine tarifliche Inflationsausgleichsprämie geben – ähnlich wie in der Metall- und Elektroindustrie. Das zeigt eine Befragung von über 11.000 Beschäftigten.

Danach kommt gleich die Sicherung der Arbeitsplätze durch eine Reduzierung der Arbeitszeiten: etwa auf eine Wochenarbeitszeit von 32 Stunden, auch als Vier-Tage-Woche, jedoch mit Entgeltausgleich – sowie durch die Altersteilzeit. Damit können aus Sicht der Beschäftigten Belegschaften in der Transformation gehalten werden.

Kürzere Arbeitszeiten sichern Arbeitsplätze und Fachkräfte

„Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich ist die richtige Antwort für die Herausforderungen in der Stahlindustrie und die wahrscheinlich zurückgehende Zahl der Arbeitsplätze“, findet Nils Knierim, Mitglied der Verhandlungskommission Nordwest und IG Metall-Vertrauenskörperleiter bei Salzgitter Flachstahl, wo die Umstellung auf grünen Stahl bereits läuft. „Das ist unseren Leuten bewusst. Sie sehen ja schon den Umbau unserer Hochofenroute von Koks auf Wasserstoff – und wissen, dass die künftigen Anlagen mit weniger Personal betrieben werden. Bereits jetzt laufen bei uns Gespräche mit den Beschäftigten: Wo seht Ihr Euren Arbeitsplatz in Zukunft? Weiter am Hochofen – oder auch woanders?“

Kürzere Arbeitszeiten sichern Arbeitsplätze. Zudem sind kürzere Arbeitszeiten gesünder, familienfreundlicher und attraktiver für Beschäftigte. Das sehen 90 Prozent der befragten Beschäftigten so. Bei 32 Stunden in der Woche etwa ist je nach Schichtmodell auch eine Vier-Tage-Woche möglich.

Über ein Drittel arbeitet schon heute unter 35 Stunden

32 Stunden in der Woche – das geht: Bereits jetzt arbeiten 37 Prozent der befragten Stahlbeschäftigten unter 35 Stunden

Etwa bei ThyssenKrupp (TKSE AG): Dort gilt eine Wahlarbeitszeit von 33 bis 35 Stunden, allerdings mit Engeltverzicht. Dennoch wählt ein Großteil der Beschäftigten eine kürzere Arbeitszeit.

Oder bei Arcelor Mittal. In Eisenhüttenstadt (Brandenburg) gilt bereit eine 32-Stunden-Woche, allerdings ohne Entgeltausgleich – und mit Möglichkeit der individuellen Arbeitszeitanhebung auf die 35 Stunden. Auch hier wählt ein Großteil dennoch weniger als 35 Stunden.

Bei ArcelorMittal. In Bremen ist die Arbeitszeit auf im Schnitt 33,6 Stunden abgesenkt, je nach Auftragslage – allerdings ebenfalls noch ohne Lohnausgleich. Es gibt dort auch die Vier-Tage-Woche mit 28 Stunden und Teillohnausgleich, jedoch in erster Linie für ältere Beschäftigte. Für die Mehrheit der Schichtbeschäftigten ist es wichtiger, dass durch eine Verkürzung auf 32 Stunden – mit Lohnausgleich – ihre zusätzlichen Schichten (bis zu elf im Jahr) wegfallen, erklärt der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende und Mike Böhlken, der ebenfalls Mitglied der Verhandlungskommission für die kommenden Tarifverhandlungen im Nordwesten ist. „Damit können wir dann unsere Leute in der Transformation halten, wenn Ende 2025 unsere Beschäftigungssicherung ausläuft – und zugleich mit der Möglichkeit einer Vier-Tage-Woche attraktiver für Fachkräfte werden. Am Wichtigsten ist jedoch für unsere Beschäftigten, dass wir etwas in die Tabelle bekommen – eine ordentliche dauerhafte Entgelterhöhung.“

So geht es in der Stahl-Tarifrunde weiter

Am 6. und 7. September beschließen die Tarifkommissionen der nordwest- und ostdeutschen Stahlindustrie ihre Forderungen. Mitte November starten die Verhandlungen. Am 30. November 24 Uhr laufen die Entgelttarife und die Friedenspflicht aus. Danach sind dann Warnstreiks zulässig.

In der saarländischen Stahlbranche gelten eigene Tarifverträge mit anderen Laufzeiten. Dort ist der Entgelttarifvertrag erst zum 29. Februar 2024 kündbar.

Aktuelle Infos und Hintergründe zur Tarifrunde und zur Befragung: tarifrunde-stahl.de